Die Meinung der Liberalen Arbeitnehmer ist auch bei Gewerkschaften gefragt

Nach der Gewerkschaft Bauen – Agrar – Umwelt hat sich  nun auch die Eisenbahner Gewerkschaft EVG an unseren Vorsitzenden gewandt. Dabei geht es um Fragen in Vorbereitung der Bundestagswahl. „Wir müssen in dieser Klientel wieder Boden gut machen, der in der letzten Legislaturperiode abhandengekommen ist“, so Wolfgang Lesch, Vorsitzender der Liberalen Arbeitnehmer Sachen. Der Beschluss des letzten Bundesparteitages  zur Lohnuntergrenze muss viel stärker kommuniziert und den Menschen erklärt werden. Als Vorfeldorganisation der FDP gehen wir optimistisch in den Bundestagswahlkampf.

Hier die Fragen der EVG und die Antworten des LAN-Vorsitzenden:

  • Wie würdest du den Geist des Wahlprogramms der FDP charakterisieren?

Das Programm der FDP spiegelt die liberale Geisteshaltung wider. Wir setzen auf den Menschen und seine Begabungen, nicht auf staatliche Bevormundung! Liberaler zu sein, ist ein „Lebensrisiko“, denn wir erwarten, dass sich jeder nach seinen Möglichkeiten in die Gesellschaft einbringt – also den Karren zieht, und sich nicht im Karren ziehen lässt. Am deutlichsten zeigt sich dies beim Thema Mindestlohn: Während SPD, Grüne, LINKE und Teile der Union für staatliche Mindestlöhne trommeln, setzt die FDP konsequent auf die Tarifautonomie und damit auf starke Tarifpartner! Als Liberale möchten wir insbesondere die Gewerkschaften und damit die Arbeitnehmer nicht aus der Verantwortung entlassen, sich für faire Löhne einzusetzen. Was passiert, wenn der Staat die Löhne und damit schlussendlich auch die Preise festlegt, hat der Zusammenbruch der DDR eindrucksvoll bewiesen.

  • Was hätten speziell Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einer erneuten Regierungsbeteiligung der FDP zu erwarten?

Die Frage muss man andersrum beantworten. Was hat die Koalition in den letzten Jahren dem Arbeitnehmer gebracht? Da muss man zuerst feststellen: Es gab seit 1991 noch nie so wenige Arbeitslose in Deutschland wie derzeit! Auch die erste Aktion der Bundesregierung war nicht die Entlastungen der Hotels (die übrigens auch CDU/CSU, SPD und Grüne in ihren Wahlprogrammen stehen hatten!), sondern die Erhöhung des Kindergeldes auf 184 Euro und die Erhöhung des Steuerfreibetrages für Erwachsene und Kinder (von 6.024 auf 7.008 Euro). Gesamtentlastung: Rund 4,6 Milliarden Euro!

Die versprochene steuerliche Entlastung der klein- und mittleren Einkommen steht noch aus und muss in der kommenden Legislaturperiode kommen! Die Abschaffung der Praxisgebühr, die Senkung der Renten- und Sozialversicherungsbeiträge und die Verdreifachung des Schonvermögens für Bezieher des ALG II sind die richtige „Stoßrichtung“. Im Vergleich zu 2012 hat jeder deutsche Arbeitnehmer durch steigende Löhne und Maßnahmen wie die Abschaffung der Praxisgebühr und geringe Rentenversicherungsbeiträge im Schnitt 554 Euro mehr in der Tasche! Übrigens: Alle in Deutschland eingeführten Branchen-Mindestlöhne wurden unter Schwarz-Gelb eingeführt! In Deutschland gibt es seit 2010 eine positive Reallohnentwicklung von 3,1 Prozent!

  • Welche Rolle spielen Gewerkschafter in deiner Partei? Ist eine „gewerkschaftliche Handschrift“ in euren Positionen erkennbar?

Die FDP hat ja auch eine gewerkschaftliche Geschichte! Ende des 19. Jahrhundert bildeten sich die ersten Arbeitervereine, Vorläufer der heutigen Gewerkschaften. Die wurden damals ganz stark von liberalen Vorkämpfern unterstützt. Einer der bekanntesten dürfte der Theologe und Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei (Vorläufer der FDP),  Friedrich Naumann sein. Er hat sich dafür stark gemacht, dass die Arbeiter in den damaligen Betrieben ein Mitsprache- bzw. Mitbestimmungsrecht erhalten sollten, und in Zeiten der sozialliberalen Koalition haben sich Freie Demokraten für Arbeitnehmerrechte verdient gemacht. Später gab es einen Wandel zur Wirtschaftspartei und jetzt besinnen wir uns wieder darauf, eine Bürgerpartei zu sein. Auch in unserer Partei gibt es seit 2007 einen organisierten Arbeitnehmerflügel (Liberale Arbeitnehmer). Der Beschluss des letzten Bundesparteitages, branchen- und regionalspezifische Lohnuntergrenzen in Deutschland einzuführen zeigt, dass Arbeitnehmer in unserer Partei gut aufgehoben sind. Bei der Lohnfindung mutiert der Staat damit nicht zum 12. Spieler, sondern bleibt Schiedsrichter. Pluralismus geht bei uns Liberalen vor Gleichklang!

  • Die FDP ist bisher nicht gerade als „Arbeiterpartei“ bekannt. Wie kommt ihr als Gewerkschafter damit klar?

Wie in jeder Partei gibt es bei den Liberalen verschiedene Strömungen. Die DGB- Gewerkschaften haben sich ja immer mehr zu den linken oder Volksparteien hingezogen gefühlt, und die Medien spielen diese Rolle mit. Ein Beispiel: Bei der Bundestagswahl 2005 forderte die CDU eine zweiprozentige Mehrwertsteuererhöhung, die SPD war strikt dagegen. Es kam zu einer großen Koalition und die Mehrwertsteuer wurde sogar um 3 % angehoben!

Wo war damals die Stimme der Gewerkschaften? An das Mövenpick-Klischee erinnert man sich immer, obwohl dies die Arbeitnehmer gar nicht betrifft! In unserem Weltbild wird die Eigenverantwortung vor der „Vergesellschaftung“ gestellt.

Deshalb gibt es trotzdem bei den Freien Demokraten nicht wenige Gewerkschaftler. Bei allen Themen, die aktuell auf dem Markt diskutiert werden, heißt es für uns, Mehrheiten zu sammeln. Dies gilt insbesondere für Themen wie die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch den bedarfsgerechten Ausbau mit Kindergartenplätzen, die Reform der sozialen Sicherungssysteme, Fragen der Altersvorsorge, die Reform der Zeitarbeit oder die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen.

  • Verkehrspolitisch vertritt die FDP sehr deutlich andere Positionen als die EVG. Was sagst du als liberaler Eisenbahngewerkschafter dazu?

Die FDP setzt auf den Wettbewerb der einzelnen Verkehrsträger und befürwortet die formale Trennung von Netz und Betrieb. Das war auch meine Überzeugung. In den letzten Jahren habe ich mich von der Meinung, dass die Spartentrennung mehr Erfolg bringen kann, distanziert. Die Bahn ist mit dem jetzigen Modell erfolgreich. Die Schienen sind diskriminierungsfrei zu nutzen. Dies ist nicht überall in Europa so. In solchen Ländern wie Frankreich, die Niederlanden und Italien wird die Öffnung der Schienenwege für europäische Mitbewerber abgeschottet. Deshalb glaube ich, dass zum jetzigen Zeitpunkt der integrierte Konzern notwendig ist, auch wenn da sicher noch Verbesserungsbedarf besteht.

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