Der Rechenmeister

Noch vor einem viertel Jahr schien die Welt in Ordnung. Deutschland sei solide finanziert und handlungsfähig, so der zuständige Minister. Neue Zahlen aus seinem Haus offerieren uns eher ein „Spree-Athen“.

Steuerschätzungen sind Momentaufnahmen, das liegt in ihrer Natur. Sie sollen Mögliches aufzeigen, kurzfristig, bedingt auch mittelfristig Orientierung geben. Die Zeitungen am 6. November 2015 ließen uns wissen, dass Bundesminister Schäuble sich an der „schwarzen Null“ orientiert, sie sogar als möglich ansah. Die FAZ titelte damals „Schäuble: Trotz Flüchtlingskrise schwarze Null möglich“.

Nun liegen Zahlen aus demselben Ministerium vor, die uns eher in die Nähe unseres sonnengewohnten südosteuropäischen Problemstaates rücken. In einer Langzeitprognose wird Deutschland eine Staatsverschuldung von 220 Prozent der Wirtschaftleistung anheimgestellt. Wohl gemerkt, bis 2060. Und auch nur, wenn nichts getan wird.

Und: ganz urdeutsch wurde selbstverständlich auch mitgeteilt, was den getan werden müsse – nicht müsste – um das Szenario nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Im günstigsten Falle (wann ist der eigentlich schon mal in einem öffentlichen Haushalt eingetreten?) müssen 1,2 Prozent des BIP – also 7 Milliarden Euro pro Jahr – zusätzlich eingenommen oder eingespart werden, um langfristig handlungsfähig zu bleiben. Die unschöne Variante der Untersuchung beziffert die Einsparungen oder Mehreinnahmen auf 23 Milliarden Euro pro Jahr. In den Jahren 2017 bis 2020 sind in jedem Fall zusätzliche einmalige Anstrengungen im Wert von jährlich je 7 Milliarden Euro pro Jahr nötig, um im Fahrwasser solider Staatsfinanzen zu bleiben.

Jenseits der absoluten Zahlen: woher kommt die gigantische Differenz in den veröffentlichten Betrachtungen? Hat sich im November letzten Jahres jemand vertan?

Keineswegs: Die Zahlen haben damals so gestimmt wie sie heute wahrhaftig sind.

Die aktuell vorliegenden Berechnungen haben lediglich ein „winziges Detail“ mehr berücksichtigt, das in der – fast ausschließlich auf Einnahmen – fokussierten Steuerschätzung ja gar nicht auftauchen kann: die weitere Entwicklung unseres Landes, seine demographische Zukunft.

Also Fragen wie diese: wer wohnt in diesem Land, wer kommt, wer geht? Wer verdient womit wie viel? Wer benötigt langfristig finanzielle Unterstützung der anderen steuerzahlenden Bürger? Was wollen „wir zusammen“ eigentlich? Welchen Staat, welche Gesellschaft?

Und so schließt sich der Kreis: alle Daten stimmen. Gelogen wurde nicht. Nur: es wurde wieder einmal – in Muttis Manier – „auf Sicht“ gefahren. Auf Sicht geredet, publiziert und schwadroniert. Als ob es kein Morgen gäbe. Mit all seinen Herausforderungen.

Der Bund – also der zuständige Bundesminister – tut das Seinige: satte fünf Milliarden Euro hat der „Bund“ für die Kosten des selbstorganisierten Chaos der illegalen Einwanderung – vulgo: Flüchtlingslawine – für 2016 eingestellt. Im Unklaren bleibt indes, ob das die reinen Kosten für den Bund abdecken soll, oder auch Zahlungen an Länder und Kommunen beinhaltet. Denn – im besagten November 2016 – urteilte der Deutsche Städtetag:“ …. es sei offensichtlich, dass gerade auf der kommunalen Ebene die Steuerzuwächse nicht mit den steigenden Anforderungen an die öffentlichen Haushalte Schritt halten könnten. Bund und Länder müssten dazu beitragen, dass ausreichend Ressourcen für die Integration der Flüchtlinge gesichert würden.“

Deutschland wird nicht nur von Dilettanten regiert. Denn: die meisten der agierenden Personen wissen sehr gut, was sie tun. Nur ist dieses Tun nicht im Sinne der Bürger dieses Landes.

Dies aufzulösen liegt in der Macht der Mächtigen: also der Bürger. Die Zeit ist reif, die Zeit läuft.

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