Offener Brief an Christian Lindner zur Neuberechnung der Regelsätze des ALG II

Sehr geehrter Herr Lindner,

mit großer Spannung verfolgen die Liberalen Arbeitnehmer aus Berlin/Brandenburg, Baden- Württemberg und Sachsen die Verhandlungen um die Neuberechnungen der Regelsätze. Ein völlig überfrachtetes Verfahren, dass von vornherein zum scheitern verurteilt war. Was haben Mindestlöhne und Zeitarbeit mit Regelsätzen und dem Bildungspaket für Kinder zu tun? Nichts! Das Scheitern der Verhandlungen haben zu großen Teilen die Blockadepolitiker von SPD und Grünen zu verantworten.

Aber beim Thema Zeitarbeit können wir der Argumentation der FDP nicht folgen. Dr. Heinrich Kolb hatte es vor wenigen Monaten auf den Punkt gebracht: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Sicher nicht vom ersten Tag an, aber auf keinen Fall nach neun Monaten. Diese derzeitige Diskussion ist fern der arbeitsmarktpolitischen Realität. In der Regel erhalten Beschäftigte sechs Monate Probezeit und länger darf eine Einarbeitungszeit für Leih- und Zeitarbeiter auch nicht dauern! Bisher haben liberale Arbeitsmarktexperten immer davon gesprochen, dass Zeitarbeit ein Mittel ist, um konjunkturelle Dellen auszugleichen. Die Argumentation der FDP kann dazu führen, dass jene Unternehmen gestärkt werden, die die Zeit- und Leiharbeit als Mittel der Lohnzurückhaltung nutzen und weiterhin nutzen wollen. Zwei negative Beispiele aus Sachsen: Mitarbeiter am Band der Autoindustrie in Leipzig sind – mit Duldung durch den Betriebsrat und die Gewerkschaften – schon seit fünf Jahren Leiharbeiter. Eigentlich undenkbar! Sie verdienen bis zu 30 % weniger, als der Kollege mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Andere, beispielsweise Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirma Randstad, werden an mittelständische Firmen nicht länger als 12 Monate verliehen. Und das ist auch richtig so, denn ansonsten könnte der Unternehmer gleich einen Regelarbeitsplatz einrichten. Wie immer behauptet – konjunkturelle Delle.

Wir bitten Sie, Ihre Meinung nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Viele Menschen unterstützen die Argumentation der FDP nicht. Wenn man die Gruppe der Arbeitnehmer nicht völlig verprellen will, sollte die Realität zur Kenntnis genommen werden. Dies können wir zurzeit nicht erkennen. Wenn Sie auch dazu stehen, dass die Arbeitnehmer die Konjunkturlokomotive in Deutschland unter „dampf“ halten, dann stellen Sie das richtige Signal auf fahrt.
Auch wir Liberalen Arbeitnehmer distanzieren uns von diesem Verhandlungsangebot.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Lesch Martin Lebrenz Raphael Rupp
Sachsen Berlin/Brandenburg Baden-Württemberg

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